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musicHBwomen* stellt die Ergebnisse der Erhebung „Zahlen, Daten, Fakten!“ zur Gendergerechtigkeit auf Bremens Musikbühnen vor.

Time to act? Check the fact!

Wer den Status Quo ändern möchte, muss ihn erst mal erfassen. Mit diesem Ziel vor Augen führte die Initiative musicHBwomen* in Kooperation mit dem Clubverstärker e.V. die erste quantitative Studie zum Geschlechterverhältnis auf Bremens Musik-Bühnen durch. Gefördert durch die Initiative Musik gemeinnützige Projektgesellschaft mbH mit Projektmitteln des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Senator für Kultur Bremen wurde das Musikprogramm von rund 850 Veranstaltungen in 15 Clubs im Jahr 2023 ausgewertet.

Die konkrete Methodik und die ausführlichen Ergebnisse der Zählung sind hier einsehbar.

Nur 17,5 % weibliche und genderqueere Personen im Club-Programm 2023 Das Ergebnis ist ebenso ernüchternd wie alarmierend: Im Jahr 2023 bestimmten 82,5 % männlich gelesene Personen das Club-Programm, weibliche (17 %) und genderqueere (0,5 %) Künstlerinnen belegten dementsprechend mit nicht einmal 18 % nur einen Bruchteil der Slots. Zum ambitionierten Ziel „50 / 50“, dass sich die Initiative gesetzt hat, ist es noch ein weiter Weg. Die Ergebnisse der Studie, die eine vage Schätzung nun in handfeste Zahlen gießt, ist jedoch ein essentieller Schritt, um das unausgewogene Geschlechterverhältnis in Bremens Clubs in den öffentlichen Diskurs zu rücken.

Elektronische Vielfalt: MS Treue setzt sich mit voller Fahrt an die Spitze

Dass die Zielsetzung einer ausgeglichenen Programm-Gestaltung nicht utopisch ist, zeigt Bremens einziger Tanzclub zu Wasser: Die MS Treue. 53,6 % der ausschließlich durch DJ-Acts gestalteten Veranstaltungen wurden durch weibliche und diverse Künstlerinnen gestaltet. Allgemein ist im weiten Spektrum der elektronischen Musik ein deutlich höherer Anteil nicht-männlicher Akteurinnen zu verzeichnen als im Feld der Live-Musik. Besonders in härteren Genres wie Rock, Metal und Punk sind weibliche und genderdiverse Personen enorm unterrepräsentiert: Obwohl diese Genres mit 49 % fast die Hälfte des ausgewerteten Programms prägten, waren sie zu 91,5 % männlich dominiert. Männer dominieren über 90 % der Genre-Sparten Rock, Metal und Punk.

Die Zahlen sind eindeutig: In Sachen Genderdiversität besteht in Bremens Musikszene dringender Handlungsbedarf. Aber wie kann das aussehen?

MusicHBwomen verstehen ihre Studie als konstruktiven Anstoß für Szene-Akteurinnen und Politik, musikalische Vielfalt in den Spielstätten zu stärken und strukturell Benachteiligte gezielt zu unterstützen. So luden sie am 20. Mai Akteurinnen, Expertinnen und Interessierte in die Villa Sponte, um die Ergebnisse zu präsentieren und im Rahmen eines Panel-Talks zu diskutieren. Repräsentanz schafft Nachwuchs – und umgekehrt Kulturarbeiterin und Autorin Rike Van Kleef, Stellvertreterin der Landesfrauenbeauftragten Katharina Kunze, Veranstalterin Paula Gaertig, Kai Stührenberg aus dem Bremer Staatsrat, Elena Tüting vom Kulturzentrum Schlachthof und Moderatorin Iris Hinze, Co-Geschäftsleitung des Clubverstärker e.V. evaluierten wichtige Ansatzpunkte für die Förderung gerechter Geschlechterverteilung und kamen zu dem Schluss: Ebenso vielschichtig wie die Herausforderungen für nicht-männliche Personen in der Musikszene – vom erschwerten Einstieg für Nachwuchskünstlerinnen bis hin zu strukturellen Hürden durch Care-Verpflichtungen – sind auch die nötigen Lösungsansätze.

Ökonomischen Druck, tradierte Hörgewohnheiten und tief verankerte Strukturen

So erschweren Kostendruck und Existenznot es Clubbetreiberinnen, unterrepräsentierten und aufstrebenden Acts ohne finanzielles Risiko eine Bühne zu bieten. Denn Jahrzehnte lang reproduzierte Hörgewohnheiten lassen sich nicht über Nacht ändern und erfordern sowohl bei Veranstaltenden als auch dem Publikum die Bereitschaft, nicht länger nur auf bewährte und etablierte Acts zu setzen. Eine gendergerechte Förderpolitik, z.B. über Quoten und transparente Vergabeprozesse mit Diversitätskriterien bei öffentlich geförderten Veranstaltungen sowie das Zusammendenken von Kultur- und Wirtschaftsförderung zur Überwindung struktureller Hürden sind daher unabdingbar. Die Einrichtung geschützter und niedrigschwellig zugänglicher Räume, in denen sich weibliche und genderdiverse Musikerinnen ausprobieren und entwickeln können, ist ebenso entscheidend wie die Sichtbarmachung bereits bestehender Acts und Vorbilder auf Bühnen, im Booking und in leitenden Rollen, um Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen.
Die Verantwortung für mehr Geschlechtergerechtigkeit liegt bei allen – Politik, Veranstaltenden, Medien und Publikum – denn struktureller Wandel erfordert gemeinsames Handeln.

Auf einen Klick: Die Ergebnisse der Studie Zahlen, Daten, Fakten:
https://musichbwomen.de/facts-figures/geschlechterverhaeltnis-bremer-clubs-2023/

musicHBwomen* setzt sich für Gendergerechtigkeit und Diversität in der Bremer Musikszene ein. In diesem Rahmen organisiert der Zusammenschluss von Musikschaffenden unter anderem auch Netzwerktreffen, Workshops und Konzerte. Die Initiative unter der Trägerschaft der Musikszene Bremen e.V. ist eines von 16 Ländernetzwerken und Teil der bundesweiten Initiative Music Women*Germany