Ausschreibungen

Ausschreibung: Art Residencies thealit 2022-23

Frist

07.10.2022

Art der Stelle

5 x Art Residencies
im Arbeitszimmer thealit 2022-23,
St. Jürgen Straße 157/159, Bremen

Kontakt

Lola Castro

Email

castro@thealit.de

WWW

https://www.thealit.de

Ausschreibung für Art Residencies im Arbeitszimmer thealit 2022-23, St. Jürgen Straße 157/159, Bremen

The Art of Emergency

Wir befinden uns in einer Zeit der globalen Notfälle. Krieg, Pandemie und Klimakatastrophe haben universelle Folgen, wenn nicht direkt tödliche, so doch in Form körperlicher, psychischer, sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Schädigungen. Insbesondere diese aktuell größten Bedrohungen rufen Notfallpläne hervor und fordern sofortige und nachhaltige Änderungen unseres Verhaltens ein.

Emergency, eine Notfallsituation, passiert anscheinend plötzlich, stürzt ein System ins Chaos, verändert altbekannte Muster, verschärft bestehende Ungleichgewichte – zu immer wieder unbekanntem Zeitpunkt. Ein Handeln ist dann sofort gefragt, eine aktive Antwort. Schnell, improvisiert und mit unbekannten Größen operierend. Eine Umstellung von bisherigen Plänen und Maßgaben steht im Zentrum. Denn es geht um eins: Überleben.

Wenn Emergency systemgefährdend eintritt, ist eine Schwelle überschritten, ein Kipppunkt erreicht, an dem gehandelt werden muss, meist, um einen Zustand – ähnlich zu dem vor Eintritt des Notfalls – wiederherzustellen. Wie kann ein solches Handeln aber aussehen und welche Experimente im Kleinen und Großen können ein solches Umdenken und Neubewerten testen und einleiten? Das wäre eine Kunst, mit und im Notfall konkret und weitblickend zu agieren. Dies wäre „The Art of Emergency“.

Genauso lässt sich auch sagen, Emergency ist eine schon erwartete Krise oder erwarteter Zusammenbruch eines Systems, wenn alle vorsorgenden, möglichst verzögernden Maßnahmen nicht hinreichend gewesen sind. Emergency ist somit auch erwartet, Emergency wird geplant. Permanent. Allerdings bleibt stets ungewiss, ob Vorbereitungen greifen, ein System wieder zu stabilisieren, es womöglich sogar zu stärken.
Spezialisten der Emergency, das ganze rettende und steuernde Krisenmanagement, haben diese Lücke zwischen prognostizierten Notfällen und deren tatsächlichen Eintreten, zwischen geplanten und tatsächlichen Erfolg ihrer Maßnahmen zum Zentrum ihrer Tätigkeiten gemacht. „The Art of Emergency“ jongliert jeweils mit Wahrscheinlichkeiten und Machbarkeiten. Träumt, simuliert, testet, trainiert.

Immer wieder erst im Nachhinein lassen sich Zeichen mit Gewissheit deuten, die den Notfall ebenso wie seinen Zeitpunkt angekündigt hätten, die womöglich im Voraus hätten wissen lassen können, was wann passieren würde. Immer wieder auch gibt es diejenigen, die jeweils genau davor gewarnt hätten, – auch dies gehört zu „The Art of Emergency“, wenn Nicht-Wissen unerträglich scheint.

Was allerdings, wenn Emergency in einer Vielzahl eintreffender und wiederkehrender Katastrophen zum sogenannten Normalzustand geworden ist? Was, wenn eine Furcht vor weiteren Aufschaukelungen generell jedes Handeln dem Zweck der Katastrophenbewältigung unterstellt und folglich permanente Warnung, permanenter Streit um die richtigen Voraussagen und Abhilfen Desensibilisierung bewirken? Eine Lähmung ist zu erwarten, unter dem Sperrfeuer von Gefahren und Warnungen, Vorschriften und Strafen in überdehntem Schockzustand, bis hin zum achselzuckenden, scheinbar abgestumpften Parieren unfassbarer Bedrohungen. So wird dann ein Kipppunkt erreicht und jedes Messen, Prognostizieren, Simulieren kommender unausweichlicher Notfälle würde von einem massenweisen: ‚Wir wollen es nicht mehr wissen‘ beantwortet. Auch dies eine „Art of Emergency“.

Mit Umdenken, wie es in Momenten der Bedrohung blitzhaft entsteht und zu neuem Handeln führt, ebenso dem Analysieren von jeder Art von guten oder schlechten Bewältigungsversuchen von Emergency soll im Arbeits- und Ausstellungsprojekt „The Art of Emergency“ experimentiert werden. Dass solche „Art of Emergency“ auch eine „Emergency of Art“ beinhaltet, nämlich eine dringende Aufgabe an die Kunst darstellt, ist unsere Überzeugung.

Wir laden ein zu einmonatigen Art-Residencies (Künstlerinnen, Aktivistinnen, Wissenschaftlerinnen), in denen dieses Notfallhandeln ausprobiert, vorgestellt, trainiert oder eingeübt wird.

Ein besonderes Extra, ein kalkuliert unvorhersehbares Element, kommt dabei hinzu: Jedes eingeladene Projekt soll für das nachfolgende Projekt etwas im thealit Arbeitsraum hinterlassen, dem Ort der Residencies, wo auch Präsentationen, Zusammenkünfte stattfinden können. Auf diese Hinterlassenschaft soll dann das folgende Projekt reagieren: es einbeziehen, verändern, es zum Ausgangspunkt nehmen, es links liegen lassen, es verkleiden, es verstecken oder anderes …

Ab der 2. Residency werden diese jeweils weiterverwendeten Objekte von thealit abgeholt und archiviert, so dass für das Folgeprojekt wieder etwas anderes hinterlassen werden kann. Das Archiv dieser materiellen oder immateriellen Objekte wird am Ende des Programms online dokumentiert, ebenso wie die eingeladenen Projekte selbst natürlich auch.

Wir freuen uns auf Einsendungen mit Projektvorschlägen. Diese können roh, spontan und unfertig sein. Bitte sendet sie zusammen mit einem knappen Portfolio und CV ans thealit Frauen.Kultur.Labor. bis zum 1. Oktober. Einreichungen von Duos oder Gruppen freuen uns auch.

Wir unterstützen gegebenenfalls mit Fahrkosten. Bei der Suche nach einer Unterkunft sind wir behilflich, können aber leider keine zur Verfügung stellen. Es gibt ein Budget für Materialkosten von 200 Euro und eine Aufwandsentschädigung von 250 Euro. Technisches Equipment stellen wir zur Verfügung. Wir Kuratorinnen stehen auf Wunsch gern für Projektgespräche bereit.

5 Art Residencies sind in dieser Periode 2022/2023 möglich:
24.10.2022-18.11.2022
21.11.2022-16.12.2022
19.12.2022-13.01.2023
16.01.2023-10.02.2023
13.02.2023-10.03.2023

Eine organisatorische Bitte: Bei den Einreichungen die Daten angeben, an denen eine Residency nicht wahrgenommen werden könnte.


Vorschläge für kurze Vorträge, Workshops oder kleinere Performances können auch – unabhängig von den Residencies – eingereicht werden.

Bitte an Lola Castro senden: castro(at)thealit.de
Wir sind gespannt auf eure Einreichungen!
Claudia Reiche, Andrea Sick


Call for Applications: Art Residencies
thealit Arbeitszimmer 2022-23,
St. Jürgen Straße 157/159, Bremen
Deadline October 1

The Art of Emergency
We find ourselves in an age of global emergencies. War, pandemic, and climate catastrophe—when not directly fatal—have universal consequences in the form of physical psychic, social, cultural, and economic damage. The current, most significant threats call for emergency plans as well as immediate, sustained changes in our behavior.

An emergency situation can seem to occur suddenly, plunge a system into chaos, alter old, familiar patterns, and exacerbate existing imbalances—and always at unpredictable times. Action is immediately demanded, an active answer. Fast, improvised, operating with unknown dimensions. Previous plans and measures must be adjusted. Because it’s about one thing, and one thing only: survival.When an emergency occurs in a way that endangers the system, a threshold has been crossed, a tipping point reached when it is necessary to do something, usually in order to restore a state similar to the one before the emergency happened. But what would such an action look like, and what kinds of small- and large-scale experiments might be able to test and initiate this kind of rethinking and reevaluation? It would be an art to deal with an emergency concretely and farsightedly. That would be the “art of emergency.”

At the same time, it can also be said that an emergency is an expected crisis or collapse of a system when all precautions and delaying mechanisms have been insufficient. Thus, an emergency is also expected, an emergency is planned for. Permanently. The trouble is that it is always uncertain whether preparations made to restabilize a system or even strengthen it will be effective.

Emergency specialists—all of the management of crisis-related rescue and control— have put this gap between predicted emergencies and their actual occurrence, between the planned and the real success of their measures at the center of their activities. Each “art of emergency” juggles with probabilities and feasibilities. Dreams, simulates, tests, trains.


Again and again, it is only in retrospect that signs of coming emergencies and their timing can be interpreted with certainty—things that might have been able to predict in advance what would happen and when. Again and again, there are those who would have given warnings in each case—this is also an “art of emergency,” which that does not want to accept not knowing.


What happens, however, when emergencies become the normal state of affairs, with so many incoming and recurring disasters? What happens when fear of increasing trouble generally subordinates all action in favor of managing disasters, so that, consequently, constant warnings, constant disputes about the correct predictions and the right remedies leads to desensitization? In an overly strained state of shock, paralysis is to be expected under the barrage of threats and warnings, regulations and punishments, to the point where people simply shrug their shoulders, apparently jadedly parrying incomprehensible threats. In this way, a tipping point is reached and any measuring, forecasting, or simulation of upcoming, inevitable emergencies is answered en masse: “We don’t want to hear about it anymore.” This, too, is an “art of emergency.”


The Art of Emergency project and exhibition will experiment with the sort of rethinking that occurs in a flash during moments of danger and leads to a different kind of action, as well as with the analysis of every sort of good or bad attempt at managing emergencies. We are convinced that this Art of Emergency also involves an “emergency of art,” namely, an urgent task for art.


We are inviting artists, activists, and scientists to participate in one-month residencies, in which time emergency action will be tried, introduced, trained, or practiced.


A special “extra,” a calculated, unpredictable element, is also involved: each project will leave something behind for the next project, in, for instance, the thealit Arbeitsraum, the residency site, where presentations and meetings can also take place. The ensuing project will react to whatever has been left behind: include it, change it, use it as a starting point for something else, ignore it, disguise it, hide it, or something else …
Starting with the second residency, thealit will pick up and archive each of these re-used objects, so that something else can be left for the following project. At the end of the program, the archive of these material or intangible objects as well as the projects by the invitees will be documented online.


We look forward to receiving your project proposals. These can be rough, spontaneous, and unfinished. Please send them, along with a small portfolio of your work and your CV to thealit Frauen.Kultur.Labor. by October 1. Submissions from duos or groups are also welcome.


We will help with travel costs, if necessary. We can also assist you in finding lodgings, but unfortunately are unable to provide any. There is a material budget of 200 euros and an expense allowance of 250 euros. We will also provide technical equipment. We curators are available to discuss projects, if desired.


Five art residencies are possible during 2022-23:
October 24, 2022 – November 18, 2022
November 21, 2022 – December 16, 2022
December 19, 2022 – January 13, 2023
January 16, 2023 – February 10, 2023
February 13, 2023 – March 10, 2023


An organizational request: When submitting your proposal, please note the dates you cannot participate in the residency. Proposals for brief lectures, workshops, or short performances can also be submitted independently of an application for a residency.


Send to Lola Castro: castro(at)thealit.de
We look forward to receiving your proposals by October 1, 2022
Claudia Reiche, Andrea Sick